Ernst Aklin

Curriculum Vitae

1944 Geboren und aufgewachsen in einer alteingesessenen Gewerbefamilie in der Stadt Zug.
Ich hatte schon als Kind das Bedürfnis mit allem, was mir in die Hände fiel, etwas zu gestalten, es zu verändern.
Humanistisches Gymnasium. Nach dem Abitur absoviere ich eine Art Lehre bei Bildhauer Paul Vogt in Ascona. Gleichzeitig erlerne ich die verschiedenen Techniken für Stein, Metall, Kunststoff, Ton, Gips usw. zum Teil auch bei Handwerkern der Umgebung, als solide Grundlage des Metiers.
1966 Ertwerb eines zerfallenen Rustico im Tessin, an dem ich eigenhändig 15 Jahre lang in jeder freine Stunde baue als Handlanger, Maurer, Klempner, Maler, Dachdecker, Zimmermann und Schreiner, Planer und Architekt.
1966 / 67 Besuch der Accademia di Belle Arti de Brera in Mailand bei Luciano Minguzzi. Es sind ganz harte, schmale Zeiten. Logiert wird zu dritt ein einer Garage ohne WC, im Hinterhof einer Mietskaserne an der Peripherie, neben den blechernen Abfalleimern all dieser Wohnungen, wo es um 6 Uhr in der Früh losscheppert.
Ganz runde üppige Frauen entstehen aus Terracotta und Stein, an prähistorische Fruchtbarkeits-Göttinnen erinnernd.
1969 Rückkehr in die Innerschweiz oder zur Räson. Wie der Hunger die Wölfe in Menschennähe treibt, so treibt mich die Einsicht in die Notwendigkeit eines Brotberufs zum Besuch der Kunstgewerbeschule in Luzern. Nach zweieinhalb Jahren, um viele Erfahrungen, vor allem was das Zeichnerische anbelangt, reicher, Abgang als diplomierter Zeichenlehrer. Aber auch «ausgerüstet» mit dem Allerbesten für die Zukunft, meiner besten aller Frauen.
Wir gründen eine Familie, wohnen ganz abgeschieden, ja eher ärmlich auf dem Lande in Maschwanden. Wir halten uns mit temporären Lehraufträgen über Wasser.
Erste Plastiken aus Kunststoff als Multiples: bunt, popig – es sind die 70 er Jahre – rund und voll, fruchtbar und erotisch.
Erste Ausstellungen in der Region mit Zeichnungen, Gouachen und Plastiken.
1974 Eidgenössisches Kunststipendium, eine kleine Preissumme zur Ermutigung. (Wir erlauben uns den Luxus einer Waschmaschine).
Werde im gleichen Jahr als Hauptlehrer für Zeichnen und Gestalten an die Kantonsschule in Zürich gewählt. Uff! Endlich ein gutes, gesichertes Salär.
Inzwischen ist die Familie auf 7 Köpfe angewachsen. Der Brotjob, der mir neue Erfahrungen und viel Freude bringt, nimmt mich mehr und mehr in Anspruch.
1976 beginnt vielversprechend: Drei meiner Plastiken werden im Schweizer Pavillon an der Biennale in Venedig ausgestellt.
Umzug in meine Heimatstadt Zug, wo wir mein Elternhaus, ein renovationsbedürftiges Patrizierhaus mit 13 Zimmern und Umschwung im historischen Zentrum, übernehmen. Wir beginnen mit der Renovation. Es wird ein weiteres «Lebenswerk» daraus, welchem auch der inzwischen beendete Rustico geopfert wird. Das Resultat ist ein überzeugendes «Gesamt-Kunstwerk», das das Stadtbild markiert.
Mein Brotberuf und all diese Planungs- und Bautätigkeit, alle die Sachzwänge lassen sehr wenig Zeit für die Arbeit als Plastiker.
1985 / 86 Sabbatjahr mit der ganzen Familie auf der Insel Mauritius. Wir «stecken» unsere fünf Kinder in die Französische Schule, so bleibt uns die ganze Zeit für die Kreativität. Wir malen viele tropische Aquarelle in den sinnlichsten Farben und organisieren eine erfolgreiche Ausstellung. Es ist das beste Jahr in unserem Leben, frei von Sorgen und täglichem Krimskram. Nach 13 Monaten reissen wir uns los, denn mein Job in Zürich sollte ja weitergehen. Der graue Alltag in der Schweiz, die Engnis, die Lebensart, das ständig miese Wetter erdrückt uns.
Der überwältigende Erfolg unserer Mauritius-Aquarelle lässt uns neue Flügel wachsen.
1987 wagen wir mit allen fünf Kindern den grossen Sprung. Ich verlasse meine «Lebensstelle», den sicheren Posten als Beamter, wir verkaufen unseren Palast und installieren uns in Aix-en-Provence in einem Landhaus, am Fusse der Montagne de Sainte Victoire, mitten in der Landschaft Paul Cézannes.
Mit der Absicht, endlich nur der Kunst zu leben, wird zwar so schnell nichts. Unsere Kinder in einem fremden Land, in einer fremden Sprache einschulen, der ganze administrative Kram, Umbauarbeiten und der Bau unseres Ateliers nehmen uns länger in Anspruch als erwartet.
1989 erleben wir hautnah eine echte Naturkatastrophe. Die ganze Bewaldung südlich bis weit in den Osten der Sainte Victoire verglüht in einer riesigen Feuersbrunst. Unser Haus und unsere allernächste Umgebung bleiben glücklicherweise verschont. Wir stehen tagelang mit der Kettensäge im Einsatz, um die toten Bäume zu fällen.
Aus den angesengten Baumstämmen werden neue Skulpturen, eine neue Formensprache entsteht: Lange, dünne, totemhafte Frauen, manchmal reduziert auf drei ablange Zylinder, zwei für die Beine, einen für den Oberkörper.
Die Gussformen für den Bronzegiesser stelle ich, um etwas Kosten zu sparen, selbst her.
1993 ist es soweit, dass ich eine grosse Ausstellung mit etwa 50 Plastiken in Bronze, Holz und Terracotta zwischen 25 cm und 2 m 50 bei uns im Atelier und rund ums Haus einrichten kann. Ein schöner Erfolg.
Es folgen verschiedene Gruppen- und Einzelausstellungen in Aix-en-Provence, Marseille, Nizza und in der Schweiz.
Inzwischen sind alle unsere Kinder ausgeflogen und leben ihr eigenes Leben, die schönste Bestätigung für unsere letzten 25 Jahre. Unser Anwesen ist nun zu gross und wir orientieren uns neu. 1995 erwerben wir ein Fischerhaus in Port Grimaud im Golf von St.Tropez und 1996 bauen wir ein neues Atelier gleich nebenan in Port Cogolin.
Die Côte Azur ist ja schön und gut, aber leider haben das schon viel zu viel Leute entdeckt. Der ganze Touristenrummel wird uns zuviel.
2001 Brechen wir dort unsere Zelte ab und lassen uns wieder in Aix-en-Provence nieder.

Ernst Aklin

Erotik und Humor, in Bronze gegossen

Sie heissen Agrippina, Zaza oder Riri. Sie schreiten auf schwindelerregenden Stelzenbeinen, thronen auf kolossalen Schenkeln oder räkeln sich im Vollgefühl üppiger Leibesfülle. Aber ist von der Kritik jemals gewürdigt worden, wie viel Komik, wie viel schöpferischer Schalk in dieser Bildhauerei stecken?

Womöglich muss man einmal gesehen haben, was für ein schelmisches Vergnügen es Ernst Aklin bereiten kann, eines seiner Werke zu kippen oder auf den Kopf zu stellen. Oder einen ahnungslosen Kunstbeflissenen damit zu verblüffen, wie er in der Hosentasche kramt, um daraus, als wäre es ein Schlüsselanhänger oder ein Talisman, eine kleine Bronzefigur hervorzuzaubern. Selten ist der obsessiv erotische Blick des Mannes auf das Weibliche so feinfühlig humorig wie bei Ernst Aklin. Seine Überzeichnungen des weiblichen Leibes mögen ins Monströse gehen oder gar Mischwesen erzeugen – wie «Poule» oder «Gallina» – sie sprechen doch immer die Sprache des Humoristen, niemals die des bissigen Karikaturisten.

Was immer Aklins Bronzefiguren verkörpern – die Urmutter? die Anima? die Göttin der Fruchtbarkeit? der Liebe? der Schönheit? – sie verkörpern es sehr intim. Diese Werke sehnen sich nach der Geborgenheit eines wohnlichen Zimmers oder dem Frieden eines stillen Gartens. Und bei näherem Zusehen offenbaren die körnigen, narbigen Stellen ihrer Oberfläche eine sensible, verletzliche Seele.

Patrick Frei (2010)

Zum Werk

Das Thema, das Ernst Aklin als Künstler seit Jahren beschäftigt, ist die Frau.
Er nähert sich ihr auf verschiedenen Wegen.
Beaobachtung im täglichen Leben, aber auch seine tiefwurzelnde Freude an den weiblichen Formen bestimmen seinen Ausdruck.
Da gibt es unnahbare Göttinnen, verführerische Sirenen, Musen und Engel; die Evastöchter, Venus, wohllüstige Schönheiten…. dann die liebenswerten Glucken, die Mütterlichen, die Heuschreckenfrauen, die Verschämten, die Aufreizenden, die Verführerischen….
Sein bevorzugtes Material ist seit einigen Jahren die Bronze. Den Rohguss, von der handgrossen Taschenplastik bis zu den lebensgrossen Figuren, bearbeitet er eignenhändig. Den Wachsabzug, das Ziselieren, Schleifen, Schweissen und letztlich das Patinieren seiner Werke überlässt er nicht, wie die meisten Künstler dem Bronzegiesser.
Form und Konsistenz des Ausgangsmaterials beeinflussen die Gestaltung. So entstehen aus Baumstämmen lange , totemhafte, aus Stein kompakte, in sich ruhende, erdhafte Arbeiten. Eisen inspiriert ihn zu einer reduzierten, abstrakten Sprache.
Immer wieder kehrt Ernst Aklin zurück zum Ton, um seine Hände sprechen zu lassen. Unbewusst entsteht Neues, verdichtet sich, das ewig Weibliche an sich zeigend, manchmal mit einer Nuance Humor oder Satyrik, manchmal eine fröhliche Erotik ausstrahlend.
Seine Sprache ist immer respektvoll, drückt Verehrung, ja fast Verherrlichung des weiblichen Körpers aus.

Martin Schönbrunner

Untitled

Man spürt den kräftigen Druck der formenden Finger, die gestaltende Berührung der greifenden Hände und die schöpferischen Visionen des bildenden Künstlers beim Erleben seiner Gestalten. Ernst Aklin entwickelt, mag die Figur noch so hoch sein, vom Boden der Realität aus in dritte und vierte Dimensionen, die sich ineinander verschieben, der Schwerkraft, durch die Harmonie der Entfaltung von Gleichgewicht und Formauflösung nach oben strebend, entkommen, und durch Kommunikation der irdischen Einschränkung entrücken.

Der Künstler erlebt zugleich Ursprung und Folgen durchgemachter Schöpfung, die er formgebend auf den Betrachter überträgt. Die Art der Mitteilung weckt sinnliche Träume, die realitätsgebunden hin- und zurückführen, von Mystik geprägt und vom Kern einer Wahrheit getragen, die hautnah widerfährt. Alles Figürliche strebt nach oben, ohne zu entkommen: Fröhlichkeit, Glück und Liebe können erfasst und mitverarbeitet werden. Die Figur kann noch so in die Höhe wachsen, ihrem Ursprung entkommt sie nicht.

Die Glückseligkeit liegt im Genuss des Irdischen, das getränkt ist von göttlicher Schönheit, geprägt ist vom Seinsbewusstsein fliessender Gestaltung und dem Ueberselbst, das uns gegen unseren Willen erröten lässt. Die Figuren beginnen zu leben: Die Frauengestalten spielen Walpurgisnacht, sind greifbar und doch schon im Erlebnis entrückt, bewegen Mann und Weib. Die schöpferische Urkraft setzt irdische Marken in höheres Streben, das bald zärtlich, bald gewichtig, aber immer nach oben an Schwere verlierend, Lebenslust und gleichzeitig Erfüllung weckt. Ernst Aklin ist ein Meister im Umsetzen von Gefühlswelten menschlichen Seins. Er lässt irdische Bindung transzendieren und führt den Betrachter wieder an den Ursprung des Geschehens zurück. Die Wahrheit liegt da als ob sie entkommen könnte, wird aber durch die harmonische Strömung fliessender Energie, in ihrer ausdrucksstarken Gestaltung, zusammengehalten.

Der Mensch als Ganzes ist dem Künstler von Bedeutung. Die Offenbarung des Seins ist grenzenlos, ohne Einschränkung. Irdisches und Ueberirdisches wird erlebt, durchgemacht, verarbeitet. Es gibt keine Flucht. Die Form akzeptiert keine Halbheiten. Das „cogito ergo sum“ in seiner Vollkommenheit. Aber auch die Ehrlichkeit zu sich selbst. Ernst Aklin trägt sich vor. Auf seine wunderbare Weise bezieht er den Betrachter mit ein, als ob er Zuschauer eines Lebensabschnitts des Künstlers und seiner selbst geworden wäre.

Felix Riedel

Von der Stelzenfrau zum Urweib

Auch Ernst Aklin hüllt sich in der Bezeichnung seiner Plastiken in Bronze, patiniert, Holzvorwürfen für Bronze und Olivenholz in unverbindliche Namen, sagt mit jeder Plastik Wesenhaftes aus. Seine Balla, Riri, Clarissa und Mava verkörpern in ihrer Reduktion auf Grundformen einen bestimmten Frauentyp. Es ist die Suche nach dem Weiblichen, die die Arbeit Aklins bestimmt. Er zeigt unnahbare Göttinnen, entrückte, beflügelte Wesen, jungfräuliche Nymphen, stelzenartig einherschreitende Figuren, wollüstige Bacchantinnen, Erdfrauen mit bis zum Oberkörper aufgetanem Leib. Aklins Frauen sind oft auf laszive Posen, dann wieder auf «festverwurzelt in der Erde» reduziert. Dann wieder zeigt er sie im Widerspruch zwischen tänzerischer Gebärde und dem sich nicht I.oslösenkönnen vom Boden. Kleine Figurinen auf Stelen haben ebenso Ausdruckskraft wie ihre grossen Partnerinnen. Ikarus, der Geflügelte, zeigt in seinem vermeintlichen Abheben bereits die Anlage zum Abstürzen. An den Wänden des Ausgangs zu den Obergeschossen hängen in zeichnerischer Form die Vorlagen zu den Skulpturen, auch sie in wenigen Strichen eine Vielfalt von Charakteren darstellend.
Ernst Aklin entfernt sich in seinen Arbeiten mehr und mehr vom Abbild eines klassischen Frauenkörpers, verformt, verlängert, verdichtet, verknotet, verkürzt, beschwert seine Frauen- und Männerformen. Manchmal bringt er auch Farbe ins Spiel, malt einer Figur ein Badekleid auf oder outet sie als Performance-Frau in Strumpf und Korsett.

Reduzierte und abstrakte Sprache

Bevorzugtes Material für den Künstler ist Bronze. Den Rohguss von der handgros- sen Taschenplastik bis zu den lebensgrossen Figuren bearbeitet er eigenhändig. Den Wachsabzug, das Ziselieren, Schleifen, Schweissen und letztlich das Patinieren seiner Werke überlässt er nicht, wie die meisten Künstler, dem Bronzegiesser. Form und Konsistenz des Ausgangsmaterials beeinflussen die Gestaltung. So entstehen aus Baumstämmen lange, totemhafte, aus Stein kompakte, in sich ruhende, erdhafte Arbeiten. Eisen inspiriert Ernst Aklin zu einer reduzierten und abstrakten Sprache. Manchmal schlägt er auch humoristische oder satirische Töne an.

Annemarie Setz

L’oeuvre de Ernst Aklin

… est inspiré depuis le début par le corps féminin, la femme.
Ses sculptures mènent beaucoup plus loin qu’une simple reproduction. Elles sont femme très femme, femme dans tout l’acceptation du mot.
Mais ce ne sont pas de femmes faibles. Elles ont de l’allure, de la noblesse, de la force et de la fierté dans le maintien. Elles expriment une grâce sublime, une beauté absolue.

Nous rencontrons des déesses, des sirènes, des muses et des anges; les filles d’Eve et les vénus, voluptueuses beautés… les poules et les femmes sauterelles, les pudiques et les provocantes, les séductrices…

Forme et consistance du matériau déterminent la création. Ainsi des troncs d’arbres naissent les oeuvres allongées, de la pierre résultent les formes plutôt compactes, telluriques, des femmes mères. Le fer lui inspire un langage réduit et très abstrait.

Ernst Aklin travaille souvent l’argile pour laisser parler ses mains. Quelque chose de nouveau se crée spontanément, se condense, montrant l’éternel féminin, parfois avec une nuance d’humour, d’ironie, voire un brin de satyrisme, parfois rayonnant d’un érotisme gai et souriant.
Mais le langage reste toujours respectueux, il exprime son admiration et sa vénération pour le corps féminin, pour la femme.

Martin Schönbrunner

Sculptures en bronze

Un jour que Maillol contemplait la mer, un de ses disciples qui se trouvait là lui demanda : « A quoi pensez-vous, maître ? A l’infini ? A l’éternité ? ». « Seulement au cul d’une femme », répondit le vieux sculpteur. Sans doute y a-t-il beaucoup de cette divagation chez Ernst Aklin. La tentation de la croupe idéale hante son œuvre.
Virginale ou nubile, voluptueuse ou bachique, rien ne semble pouvoir le détourner de cette obsession. Aklin déborde son art avec santé et gourmandise. Le voilà débutant son sujet, animé par un souci d’académisme qui, peu à peu, se dessaisit du réel et le transforme grâce à une méthode d’hypertrophie contrôlée. Les corps sont remaniés, ramassés, les formes s’épurent et se remodèlent.

Jean-Pierre CRAMOISAN, Critique d’art (extraits)